Boote in den verschiedensten Ausführungen bestimmen das Bild in Zwartsluis. Und das nicht nur an der Kade oder in einem der Häfen des Dorfes. Auch vor manchem Einfamilienhaus liegt ein Boot am Steg vertäut.
Wer ohne Boot unterwegs ist, so wie wir, kommt dennoch auf seine Kosten. Die Lage am Rand des Nationalparks Weerribben-Wieden machen Zwartsluis auch zu Fuß oder mit dem Fahrrad zu einem lohnenswerten Reiseziel.
Auf Rundfahrt
Ganz ohne Bootsfahrt geht es jedoch auch für uns nicht. Bevor wir uns heute in den Fahrrad-Sattel schwingen und die Umgebung erkunden, steigen wir deshalb erst einmal an Bord der Sluuspoort 1.
Ben ist heute der Kapitän des kleinen Fährbootes, das nicht nur als eine Art Taxi zwischen Jachthafen und Dorfzentrum fungiert, sondern auch Rundfahrten durch den Hafen anbietet. Beides übrigens kostenlos und mit sehr großer Freundlichkeit.
Mit an Bord ist Wout, der bis zu seiner Pensionierung Hafenmeister war und sich hier bestens auskennt. Er versorgt uns während der Rundfahrt mit allerlei interessanten Fakten und netten Anekdoten.
Die vier Schleusen, die es in Zwartsluis gibt, spielen dabei eine wichtige Rolle. Einer Schleuse hat der Ort schließlich nicht nur seinen Namen zu verdanken, sondern eigentlich sogar seine Existenz. Bereits Ende des 14. Jahrhunderts wurde die erste Schleuse am Fluss Zwarte Water gebaut. Sie bildete den Durchgang von den Binnengewässern zum offenen Meer.
Die Handelsschiffe, die vor der Schleuse warten mussten und vor Anker lagen, waren der Grund, dass sich Handwerker in Zwartsluis ansiedelten. Zimmerleute und Segelmacher kümmerten sich um die Schiffe, Bäcker und Wirtsleute um die Besatzung. Alle hatten ein gutes Auskommen und das Dorf wuchs.
Ende des 17. Jahrhunderts entwickelte sich Zwartsluis dann zu einem Umschlagplatz für Torf. Aus dem Hinterland wurde der Torf mit kleinen Schiffen angeführt und in Zwartsluis in große Schiffe verladen. Zwischengelagert wurde er auf zwei kleinen Inseln, die es heute noch gibt.
Ein Spazierweg, der Turfpad, führt über die Inselchen, die mit einer Brücke verbunden sind. Mithilfe alter Fotos auf den Informationstafeln bekommt man bei einem Spaziergang einen Einblick in vergangene Zeiten. Die historischen Botter, hölzerne Plattboden-Schiffe, die hier vor Anker liegen, kann man sich dabei auch gleich ansehen.
Schiffe, Groß und Klein
Wir schauen uns die Inseln und Botter vom Boot aus an. Das Wetter zeigt sich gerade von seiner besten Seite, da macht die Bootsfahrt doppelt Spaß. Vom Wasser aus haben wir auch gute Sicht auf die Werften, die es in Zwartsluis noch immer gibt. Große Binnenschiffe, Stahlkolosse von bis zu 110 Meter Länge, werden hier gebaut.
Bootsbauer für kleinere Freizeit-Boote sowie Ausstatter und Reparatur-Werkstätten sind im Ort ebenfalls vorhanden. Kein Wunder, Zwartsluis ist ausgesprochen beliebt bei Freizeitkapitänen, die von hier sehr einfach aufs IJsselmeer oder auf die Wasserwege Richtung Friesland gelangen.
Im Jachthafen, den wir jetzt anfahren, reihen sich dann auch zahlreiche Motor- und Segelbooten in allen Größen aneinander. Dauergäste sowie Durchreisende, die für eine Nacht oder mehrere Tage bleiben wollen, können hier anlegen.
Einer dieser Gäste steht jetzt am Steg und wartet auf uns. Sie hat das Wasser-Taxi telefonisch bestellt und fährt mit uns zurück an die Handelskade. Vom Jachthafen ist das die schnellste und bequemste Art, um in die Dorfmitte zu kommen.
Tierisches und Historisches
Gleich gegenüber der dortigen Anlegestelle befindet sich das Besucherzentrums Sluuspoort. Dort sind wir jetzt mit Evelien Kuilder verabredet, die hier das Zepter in der Hand hält.
Nicht nur die Touristen-Information ist im Sluuspoort beheimatet, erklärt uns Evelien. Auch das Museum Schoonewelle, die Bibliothek, mehrere Kurs-Räume sowie ein kleines Café sind hier untergebracht.
Das Museum hat seinen Namen an Roelof Johannes Schoonewelle zu verdanken, der mit seiner großen Sammlung an Tierpräparaten den Grundstein für das Museum legte. Weitere Themen kamen später dazu, sodass wir heute ein modernes und vielfältiges Museum zu sehen bekommen.
Vor allem Kinder lieben den Teil, in dem es zahlreiche ausgestopfte Tiere in einer waldähnlichen Umgebung zu entdecken gibt. Aber auch mir gefällt es, Dachs, Reh und Bussard so lebensecht aus der Nähe betrachten zu können.
Der Vergangenheit von Zwartsluis widmet sich das obere Stockwerk. Von den Anfängen als Festung, den Zeiten des Torfhandels bis zur örtlichen Schiffsbau-Industrie reicht die Spannweite. Mithilfe von Dokumenten, Fotos und Exponaten bekommen wir spannende Einblicke in alte Handwerke und das Leben der Dorf-Bewohner.
Schiffs-Modelle dürfen natürlich nicht fehlen in einem Ort, in dem seit Jahrhunderten Schiffe eine wichtige Rolle spielen. Und in den Räumen unterm Dach finden zusätzlich regelmäßig Ausstellungen regionaler Künstler statt, erzählt uns Evelien.
Wir sind beeindruckt, was es alles zu entdecken gibt und könnten hier noch locker einige Zeit verbringen. Allerdings wird es für uns Zeit zum Aufbruch. Am Nachmittag wollen wir schließlich noch mit dem Fahrrad die Umgebung von Zwartsluis erkunden.
Bevor wir uns in den Sattel schwingen, brauchen wir aber erst noch etwas Kraftnahrung. Auf der Terrasse von Café De Blizzard finden wir einen schönen Platz mit Blick aufs Wasser. Das kalte Radler erfrischt und sowohl Flammkuchen als auch die Focaccia mit geräuchertem Rindfleisch schmecken ausgezeichnet. Jetzt sind wir bereit, es kann losgehen!
Mit dem Rad in die Natur
Im Fahrradladen in der Kerkstraat stehen schon unsere Leih-Fahrräder bereit, die wir vorab reserviert haben. Ein freundlicher Mitarbeiter stellt uns den Sattel noch auf die richtige Höhe, dann starten wir Richtung Süden. Die Nummern der Knotenpunkte unserer Route haben wir uns auf einem Zettel notiert, sodass wir jetzt einfach nur noch den Wegweisern folgen müssen.
Am Ortsrand werden wir noch einmal kurz ausgestoppt. Ein Schiff kreuzt unseren Weg und die Brücke ist geöffnet. Aber keine Minute später geht es dann hinaus in die Natur. Genauer gesagt in das Landschafts-Schutzgebiet Olde Maten. In diesem Feuchtgebiet sind die Wiesen üppig grün und in kurzen Abständen durchzogen von Wasserläufen. Ein wahres Paradies für Störche, wie wir bereits bei unserer Radtour hier im IJsseldelta vor einigen Jahren festgestellt haben.
Wir radeln durch das kleine Gehöft Zwartewatersklooster mit großen Bauernhöfen und wunderschönen Gärten. Von dem Kloster, das hier unweit des Flusses Zwarte Water einst stand, ist nichts mehr übrig. Geschichten aus vergangenen Zeiten gibt es aber noch jede Menge. So sollen hier 150 Ritter begraben liegen, die im Jahr 1227 ihr Leben in der Schlacht bei Ane verloren.
Die Ritter haben wir zwar nicht entdeckt, dafür hatten wir ein kurzes Wiedersehen mit Hasselt. Erst vor zwei Tagen haben wir die ehemalige Hansestadt erkundet, heute begnügen wir uns mit der Aussicht auf die Stadt vom anderen Ufer aus.
Inzwischen haben wir nämlich den Fluss überquert und somit einen Wendepunkt in unserer Tour erreicht. Von nun an geht es wieder Richtung Norden bis nach Genemuiden und anschließend mit der Fähre erneut über den Fluss.
Dörfliche Idylle
Mit Blick auf das Zwarte Meer radeln wir über den Deich, bevor wir nach rechts Richtung Nationalpark Weerribben-Wieden abbiegen. Im letzten Jahr waren wir in diesem ausgedehnten Sumpfgebiet mit dem Boot unterwegs. Jetzt mit dem Fahrrad haben wir noch einmal eine ganz andere Perspektive.
Der Badestrand am See Belterwijde liegt heute ziemlich verlassen da und selbst die Schanze der Wasserski-Fahrer wird nur von Vögeln genutzt. Das Wetter hat sich etwas eingetrübt und auch der Wind weht etwas heftiger. Wir sind dann auch ganz froh, dass wir uns für ein E-Bike entschieden haben. Da radelt es sich trotz Gegenwind ganz entspannt.
Am Eingang des Dorfes Belt-Schutsloot biegen wir ab auf den schmalen Schutsloterpad. Kaum sind wir ein paar Meter geradelt wird mir klar, warum das Dorf auch „kleine Schwester von Giethoorn“ genannt wird. Was für eine Idylle!
Reetgedeckte Häuser säumen den Kanal, über den sich Fußgänger-Brücken spannen. Ganze Reihen Hortensien in Rosa und Weiß blühen in den Vorgärten. Kleine Boote liegen vertäut am Ufer und hie und da trocknet Wäsche flatternd im Wind.
Ich bin hin und weg, was ist es doch malerisch schön hier. Und im Gegensatz zum Touristen-Hotspot Giethoorn nahezu menschenleer. Einfach herrlich!
Was für eine wunderbare Überraschung am Ende unserer Radtour. Und dazu ein würdiger Abschluss unserer 3-tägigen Reise im Norden der Provinz Overijssel, wo es doch immer wieder etwas Neues zu entdecken gibt.
Reisetipps
Zwartsluis liegt im sogenannten IJsseldelta im Norden der Provinz Overijssel, ungefähr in der Mitte zwischen den Städten Zwolle und Meppel.
Informationen über die Region IJsseldelta und was es dort alles zu tun gibt, findet ihr auf der Website Das andere Holland.
Wir waren 3 Tage im IJsseldelta unterwegs. Die Reise-Berichte von den ersten beiden Tagen findet ihr hier:
Sluuspoort
Handelskade 25, Zwartsluis
Museum Schoonewelle, Café und Tourismus-Information. Hier bekommt ihr auch die aktuellen Abfahrtszeiten für die Hafen-Rundfahrt.
Geöffnet Montag 13.30 - 17 Uhr, Dienstag bis Freitag 10 - 17 Uhr, Samstag 10 - 16 Uhr
Café-Brazzerie De Blizzard
Kolksluiskade 3, Zwartsluis
Geöffnet täglich außer Mittwoch ab 11 Uhr
Radtour
Wir sind ungefähr 43 km geradelt. Start war am Parkplatz an der Handelskade vor dem Sluuspoort, dann ging es über die kleine Brücke am Café vorbei. Dort seit ihr dann schon auf dem Weg zum ersten Knotenpunkt Nr. 30. Unsere Knotenpunkte waren:
30 - 39 - 38 - 36 - 27 - 83 - 80 - 81 - 82 - 94 - 84 - 93 - wieder Richtung 30
Zwischen dem Knotenpunkt 27 und 83 müsst ihr mit der Fähre übersetzen, also etwas Kleingeld solltet ihr dabei haben.
Hinweis: Kampen besuchten wir mit Unterstützung von MarketingOost und Das andere Holland.
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