Für die Natur ist das Watt ein Segen. Der Artenreichtum in diesem besonderen Lebensraum ist enorm. Aber auch uns Menschen tut die Landschaft aus Wasser und Land gut. Sie strahlt eine Ruhe aus, die sich auf uns überträgt und für Entspannung sorgt.
Unsere Reise führt uns entlang der Küste des Wattenmeeres. Außergewöhnliche Landschaften, besondere Orte sowie nachhaltige Aktivitäten stehen auf unserem Reiseprogramm. Und natürlich lassen wir uns mit leckerem Essen und feinen Getränken aus der Region verwöhnen.
Schau mal!
Am östlichsten Zipfel des niederländischen Teils des Wattenmeeres beginnt unsere Reise. Wir sind am Dollart. Dort, wo sich das Süßwasser der Ems mit der salzigen Nordsee mischt. Deutschland liegt hier auf Sichtweite. Nur zweihundert Meter liegt die Grenze entfernt.
„De Kiekkaaste“, nennt sich das hölzerne Häuschen auf Stelzen am Rand des Watts. Der Name ist gut gewählt, denn aus der Hütte heraus lässt sich die reiche Vogelwelt perfekt beobachten.
Auf einem hölzernen Steg geht es erst einige hundert Meter durch das morastige Reet. Meist ist der Steg gut begehbar, aber wenn Springflut und starker Wind zusammenkommen, kann er auch mal einen Meter unter der Wasseroberfläche liegen.
Wir spazieren trockenen Fußes durch das jetzt noch goldgelbe Reet. Silvan von der Stiftung Het Groninger Landschap begleitet uns und macht uns auf die verschiedenen Vogelstimmen aufmerksam. „Piep, Piep“ ist alles, was ich höre. Er erkennt Rohrammer, Schilfrohrsänger und Bartmeise.
Die großen, runden Nester der Rohrweihe sind vom Vogelobservatorium oben besser zu erkennen. Im Gegensatz zu ihren Verwandten, den Habichten, brüten sie auf dem Boden im Schilf und Reet. Sie sind übrigens nicht die einzigen großen Vögel hier im Watt. Zahlreiche Wildgänse-Arten nutzen das Dollart-Gebiet für eine Rast und auch Löffler sind häufig anzutreffen.
Feines aus Korn
Nur knapp sieben Kilometer sind es bis zum nächsten Ziel auf unserer Tour. Am Ortsrand von Bad Nieuweschans machen wir Halt bei De Graanrepubliek, einer Kooperative von lokalen Bauern und Unternehmern. Nachhaltiger Getreide-Anbau und die Herstellung gesunder und vor allem auch schmackhafter Produkte sind ihre Mission.
Ihr Domizil haben sie in einem imposanten Lokschuppen, in dem zu früheren Zeiten die Lokomotiven für die Fahrt über die Grenze ausgewechselt wurden. Heutzutage wird in den renovierten Innenräumen unter anderem Brot gebacken, Bier gebraut und Whiskey hergestellt.
Während der Graanrepubliek Experience führt uns Laurens Speek durch die Räumlichkeiten und erklärt uns allerlei Wissenswertes über die Kooperative. Alle Sinne werden bei dieser Tour angesprochen. Es wird begutachtet, gerochen und natürlich auch probiert. Das hier gebraute Craft-Bier ist ganz nach meinem Geschmack und auch der Gin aus eigener Produktion mundet.
Im „Proeflokaal“, in dem samstags kleine Gerichte und Kuchen serviert werden, wird für uns ein vegetarisches Menü aufgetischt. Sehr lecker und ein perfekter Abschluss für den ersten Tag unserer Reise.
Obwohl, ein weiteres Highlight steht uns an diesem Abend noch bevor – unser Hotel.
Schlafen mit Aussicht
Auf stählernen Pfeilern steht das Eemshotel in Delfzijl hoch über dem Wattenmeer. Zugegeben, die Zimmer sind schon etwas in die Jahre gekommen. Die fantastische Aussicht macht das aber mehr als wieder wett. Durch die große Glasfront in unserem Zimmer haben wir sogar vom Bett aus direkten Blick aufs Watt.
Es ist gerade Ebbe und die dramatischen Wolkenberge spiegeln sich im seichten Wasser. Zahlreiche Möwen kreisen kreischend über dem Watt. Schwarz-weiße Austernfischer mit ihren langen, roten Schnäbeln laufen flink über den Schlick auf der Suche nach Essbarem. Wir schlafen herrlich in dieser Nacht und nach einem ausgiebigen Frühstück mit genialem Ausblick auf die Bucht von Watum sind wir bereit für die Weiterreise.
Weltnaturerbe Wattenmeer
Wir verlassen die Provinz Groningen und fahren ins angrenzende Friesland. Das winzige Fischerdorf Moddergat, direkt hinter dem Deich am Wattenmeer, ist unser erstes Ziel. Hier sind wir mit Casper Meinders verabredet, der sich bestens im UNECSO Weltnaturerbe Wattenmeer auskennt. Zusammen mit seiner Frau Anja Mellink führt er kleine Gruppen ins Watt, zeigt ihnen Flora und Fauna dieser außergewöhnlichen Naturlandschaft.
Bei Ebbe kann man durchs Watt bis hinaus zu den Inseln laufen, erklärt uns Casper. Eine gute Kondition ist aber nötig, um die Tour nach Ameland oder Schiermonnikoog zu bewältigen, die wir vor uns liegen sehen. Die Zeit mit niedrigem Wasserstand ist begrenzt und das Laufen auf dem teilweise sehr weichen Boden anstrengend.
Für eine Wattwanderung steht das Wasser momentan viel zu hoch. Wir machen stattdessen einen Spaziergang entlang der Salzwiesen. Diese liegen zwar außerhalb des Deiches, der Rundweg ist dennoch bei normaler Flut trockenen Fußes begehbar.
Wenn das Wasser besonders hoch steigt oder ein starker Wind das Wasser Richtung Küste treibt, wird das Gebiet dennoch regelmäßig überflutet. Der hohe Salzgehalt von Wasser und Boden sorgt hier für eine außergewöhnliche Tier- und Pflanzenwelt. Einige Gewächse, wie z.B. der Queller, sind essbar und werden inzwischen häufig in der Gastronomie verwendet.
Für kulinarische Genüsse am Wegesrand ist es in diesem Jahr noch zu früh. Wir genießen stattdessen einfach unsere kleine Wanderung und die Ausblicke übers Meer.
Natur und Kultur im Schritt-Tempo
Für längere Wanderungen entsteht hier im Wattenmeer-Gebiet momentan ein neuer Fernwanderweg, erfahren wir etwas später an diesem Tag. Der Ziltepad, wie der Weg heißt, führt nicht nur durch unterschiedliche Landschaften, sondern auch entlang einiger historischen Kirchen. Natur und Kulturerbe werden damit kombiniert und ermöglichen einen aktiven und auch nachhaltigen Urlaub. Slow Travel im wahrsten Sinne des Wortes.
Die Kirche im kleinen Dorf Oostrum liegt an einem Teilbereich des Ziltepads, der bereits erwandert werden kann. In Zukunft soll es sogar möglich sein, dass Wanderer auf Feldbetten in der Kirche übernachten können.
Auch allerlei Aktivitäten sind entlang der Route für die Wanderer geplant. Eine davon dürfen wir heute selbst erfahren. Wir kommen in den Genuss einer entspannten Yoga-Stunde in der Bonifatius-Kapelle in Dokkum. Ein tolles Erlebnis an einem außergewöhnlichen Ort.
Von außen ähnelt die Kirche einem historischen Kloster, sowie es sie im Mittelalter häufig in dieser Region gab. Aber der Schein trügt. Erst 1934 wurde die Kirche im Neo-Romanischen Stil gebaut. Die Anordnung erinnert dabei eher an ein Amphitheater als an eine Kirche. In der Mitte ein grüner Hof unter freiem Himmel, drumherum unter einer hölzernen Dachkonstruktion der Chorraum sowie die Sitzbänke. Eine Anordnung, die eine ganz besondere Atmosphäre schafft.
Entspannt aktiv
Yoga ist übrigens nicht die einzige Aktivität, die wir während unserer Reise erleben dürfen. Wir kommen außerdem in den Genuss, um uns den nächtlichen Sternenhimmel anzuschauen. Und das nicht nur mit bloßem Auge. Koen Driessen, der uns einige Sternenbilder zeigt und erklärt, hat für diese Gelegenheit sein großes Teleskop mitgebracht. Faszinierend, um damit den Mond zu betrachten.
Auch auf kulinarischem Gebiet sind wir aktiv. Unter der Anleitung von Janet Frieling bereiten wir ein vegetarisches Abendbuffet mit regionalen Produkten und frischen Wildkräutern zu. Gemeinsam wird mit viel Spaß geschnippelt und gekocht. Dass wir es uns anschließend mit großem Appetit schmecken lassen, versteht sich von selbst.
Sterne gucken und gemeinsames Kochen findet in der Suvelfabryk statt, wo wir auch übernachten. Die alte Milchfabrik liegt etwas außerhalb von Dokkum und wurde in eine kleine Appartement-Anlage umgebaut. Für Feriengäste stehen jetzt 13 Ferienwohnungen zur Verfügung, die alle etwas anders sind und auch in der Größe variieren.
Mit einem kulinarischen Highlight beenden wir unsere Reise am Wattenmeer. Im Restaurant Proef Lokaal Dokkum lassen wir uns mit einem 4-Gänge-Menü verwöhnen.
Vom Gastronomie-Führer Gault&Millau wurde das Lokal mit 14 Hauben ausgezeichnet und wir werden dann auch keineswegs enttäuscht. Hauptsächlich regionale Produkte kommen hier auf den Teller. Alle Gerichte sind nicht nur schön angerichtet, sie schmecken zudem wahrlich köstlich. Feine Küche, die ich euch wirklich empfehlen kann.
Reiseinfos
Allgemeine Informationen zum Wattenmeer findet ihr hier auf Nach-Holland.de.
Viele Tipps und Infos zur Region findet ihr auf der Website Visitwadden.nl, die euch auch auf Deutsch zur Verfügung steht.
Eine Broschüre zum Fern-Wanderweg Zilte Pad mit mehreren Routen (momentan leider nur auf Niederländisch) könnt ihr euch hier herunterladen.
De Kiekkaaste
Vogelbeaobachtungshütte in Nieuw Statenzijl
Gratis Zugang mit kostenlosen Parkplätzen auf niederländischer und deutscher Seite. Am Parkplatz auf niederländischer Seite gibt es einen Kiosk für Kaffee, Getränke und kleinen Snacks.
De Graanrepubliek
Oudezijl 1, Bad Nieuweschans
Geöffnet samstags von 10 – 18 Uhr, Getränke und kleine Gerichte, Verkauf eigener Produkte
Nachmittags ist die Teilnahme an der Graanrepubliek Experience möglich. Für Gruppen gibt es auch Möglichkeiten an anderen Tagen.
Eemshotel
Zeebadweg 2, Delfzijl
Hotel mit 20 Zimmern, 12 davon mit Blick aufs Wattenmeer. Ein Restaurant mit Terrasse und toller Aussicht ist ebenfalls vorhanden.
Die Zimmer können über booking.com gebucht werden.
Suyvelfabryk
Moarsterwei 14, Ljussens
Vermietung von 13 Ferienwohnungen in unterschiedlichen Größen. Auch Gemeinschaftsräume und Bereiche im Freien sind vorhanden. Sehr gut für kleinere und größere Gruppen geeignet.
Die Appartements können über booking.com gebucht werden.
Proef Lokaal Dokkum
Markt 30A, Dokkum
Liudger van der Meer und Geert-Jan Vaartjes kochen hier neue Dutch Cuisine mit dem Fokus auf regionale Produkte.
Hinweis: Die Region am Wattenmeer besuchten wir im Zuge einer Pressreise auf Einladung des Niederländischen Büros für Tourismus & Convention NBTC.
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